Freitag, 31. Mai 2024

Gijs Wilbrink: Tiere (Rezension)

Am Rand eines abgelegenen Dorfes im Achterhoek liegt der Bauernhof der Familie Keller, vom Dorf gleichermaßen gefürchtet wie verachtet. Landwirtschaft wird hier schon lange nicht mehr betrieben, Tiere gibt es trotzdem: die illegale Nerzzucht des Großonkels. Auch als Isa längst den Hof verlassen hat und zum Studieren in die Stadt gegangen ist, verfolgt sie das Fiepen der Tiere noch bis in den Schlaf. Dann holt sie ein Anruf zurück ins Dorf: Ihr Vater ist verschwunden. Die Suche nach ihm wird zu einer Suche nach ihrer eigenen Identität. Und nach der Wahrheit über ihre Familie.
»Wer weiß nun in Wahrheit, was die Wahrheit ist: derjenige, der bis über beide Ohren in seinem eigenen Leben drinsteckt oder die Gemeinschaft, die aus der Distanz den Überblick über das Ganze hat, die sehen kann, dass man, obwohl man selber verdammt genau weiß, dass man keine Flöhe hat, auf irgendeine Art eben doch Flöhe hat.«

Die Handlung klang unterhaltsam und die Meinungen, die ich über TIERE gelesen hatte, waren hervorragend. Mir war bewusst, dass es auch ein schwieriges Buch sein könnte, das sich mir den Zugang verweigert, und ganz unrecht hatte ich nicht. So ganz habe ich mich mit der Geschichte nicht anfreunden können, teilweise war ich begeistert, dann wieder gelangweilt oder verwirrt. Ob das beabsichtigt war kann ich nicht sagen, aber rein vom Unterhaltungswert kann ich sagen, dass dieser für mich nicht vorhanden war. Und auch sonst gab mir die Geschichte wenig. Vielleicht lag das am Erzählstil, der oft die Sichtweise wechselte, von geradliniger Erzählweise zu einem verwirrenden Kauderwelsch, das mir komplett den Zugang versperrte und das Ende ... nun, es war überraschend, actionreich und irgendwie ... nicht passend zu dem was vorher passierte, ein Bruch in der Erzählung.
»Es gibt Bücher, an denen kommt man einfach nicht vorbei. Tiere ist so ein Debütroman. Einschüchternd gut.« PaagMag
Einschüchternd ist das Buch, aber vielleicht eher wegen seiner Sperrigkeit. Und vielleicht auch wegen der drastischen Schilderung von Tierquälerei. Passend zum Buch, da muss man wissen worauf man sich einlässt (wenn man nicht schon anhand des Covers eine Ahnung bekommt), aber für mich war es eine Enttäuschung. Ich hatte mehr (oder etwas anderes) erwartet.

Donnerstag, 30. Mai 2024

Stefan Bachmann: Die letzten Hexen von Blackbird Castle (Rezension)

Als eine Vogelscheuche über den Gartenzaun klettert und der zwölfjährigen Zita Bridgeborn einen Brief überreicht, beginnt das Abenteuer ihres Lebens. Sie soll ein Schloss geerbt haben und nicht nur das: Eine Hexe soll sie auch noch sein! Doch Zita kennt weder praktische Zaubersprüche, noch hat sie einen fliegenden Besen. Sie weiß auch noch nicht, dass sie bald auf uralte Familiengeheimnisse, Geister und allerhand magische Kreaturen stoßen wird. Kann sie das Erbe von Blackbird Castle retten?
DIE LETZTEN HEXEN VON BLACKBIRD CASTLE ist ein moderner Roman, der sich jedoch auf den Spuren der alten Horrorklassiker (ich musste vor allem an die Romane von Shirley Jackson denken) bewegt und eine kindgerechte Lesart bietet. Was nicht heißt, dass man nicht auch als Erwachsener in diese Welt eintauchen kann. Es gibt Geister und Hexen, aber ein Spukschlossroman legt Stefan Bachmann nicht vor. Es ist auch keine neue Geschichte, die erzählt wird, aber das ist egal, denn abgesehen vom Roten Faden (Junges Mädchen soll Erbe einer ihr bisher unbekannten Familie annehmen, und stößt auf Schwierigkeiten, die sie aber am Ende lösen kann ... damit wäre nicht zu viel verraten) zeigt der Autor viel Kreativität, die eine scheinbar vorhersehbare Handlung spannend erzählt und zu einem wahren Vergnügen macht.
Natürlich wird mit Klischees und Stereotypen gespielt, aber die Mischung macht es. Sympathische Protagonisten, weniger sympathische Gegenspieler, deren böse Absichten zwar offensichtlich, aber nicht ganz durchschaubar sind, ein bisschen Gothic, ein bisschen Fantasy, ein flüssiger Schreibstil und eine spannende Handlung, nicht nur für die Zielgruppe (ab 10), bieten kurzweilige Unterhaltung. Stefan Bachmanns Erstling DIE SELTSAMEN hat mich schon überzeugen können, aber DIE LETZTEN HEXEN VON BLACKBIRD CASTLE hat mir um einiges besser gefallen (vielleicht auch, weil es sich um ein abgeschlossenes Werk handelt).
Fans von Hexen und geheimnisvollen Häusern werden ebenfalls ihre Freude haben.

Dienstag, 28. Mai 2024

Lucia Herbst: Psyche - Verdammt frei (Rezension)

Der Mythos um Eros und Psyche gilt als die romantischste Geschichte der Antike, allerdings weiß Psyche nichts davon. Sie hat alles vergessen, was vor ihrer Erhebung zur Göttin lag. Mitten im Krieg gegen Zeus beginnt Psyche sich zu erinnern. Und was sie sieht, ist alles andere als romantisch. Sie fragt sich: Muss man aus Liebe alles verzeihen? Die eigene Freiheit opfern und was würde passieren, wenn man der Liebe das Herz bricht? Zeus lauert bereits darauf, Eros auf seine Seite zu ziehen, denn die gefährlichste Macht der Welt ist die Liebe.
PSYCHE ist der abschließende Teil von Lucia Herbsts GREEK GODDESSES-Trilogie. Leider muss man sagen, dass der Abschluss auch der schlechteste der drei Teile ist, obwohl das immer noch gut genug ist und zudem ein guter Abschluss. Wie man es von der Autorin kennt, schafft sie es auch hier auf sensible Art ein ernstes (modernes) Thema in eine interessante Handlung einzubetten, auch wenn sie sich diesmal vielleicht ein bisschen zu sehr auf Psyches Beziehung fokussiert, so dass es mir so vorkam, als würde die Handlung, die gegen Ende doch sehr an Fahrt zu nimmt, eher eine Ansammlungen an Wiederholungen ist und ich oft den Eindruck hatte, dass die wirklich interessanten Dinge außerhalb von Psyches Wahrnehmung geschehen und somit auch nicht Teil dieses Romans sind, da dieser aus ihrer Sicht erzählt wird. Fans der Trilogie bekommen das was sie gewohnt sind, auch wenn ich behaupten würde, dass Psyche die schwächste der drei Frauengestalten (neben MEDUSA und PERSEPHONE, auch wenn sie vielleicht am Ende doch die stärkste ist. Und so hat man das Gefühl, dass sich Psyches Geschichte langsam vorwärts bewegt und auch einige Rückschritte erleidet, nur um am Ende eine starke Frau zu präsentieren, die der Welt und den männlichen Göttern die Stirn bieten kann.
Manche Weltbilder der männlichen Götter wirken antiquiert, auch wenn sich leider nicht bestreiten lässt, dass es diese nach wie vor gibt und das was den Heldinnen dieser Trilogie widerfährt für manche harte Realität ist. Die Männerrollen sind vielleicht auch die große Schwäche in dieser Trilogie, denn manchmal handeln die Ehemänner der Heldinnen doch sehr gleich und man kann Parallelen ziehen. Das ist mir vor allem bei PERSEPHONE und PSYCHE aufgefallen. MEDUSA ist die angenehme Ausnahme. Auch was die Beziehung von Zephyr und Psyche anbelangt weiß ich nicht was ich davon halten soll. Mir fehlen sogar die Worte um mein Gefühl ausreichend (und mit dem benötigten Feingefühl) zu beschreiben.
Aber trotz dieser negativen Punkte ist Psyche – Verdammt frei ein Buch, das nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken anregt. Mit ihrer Neuinterpretation alter Göttersagen ist Lucia Herbst eine lesenswerte und ungewöhnliche Trilogie gelungen, mit PSYCHE als würdiger Abschluss.

Montag, 27. Mai 2024

A. J. Sherwood: Boom Shaka Laka in Vegas (Rezension)

Wenn dich jemand fragt, ob du eine Bombe entschärfen willst, sag Nein!
Wieso zum Teufel habe ich diesen verflixten Auftrag überhaupt angenommen? Dabei sind Flugzeuge für mich eigentlich tabu, wegen einer Elektrogeräte-Allergie, die so einen Flieger im Handumdrehen schrotten könnte. Das reibt mir auch Donovan unter die Nase. Der ist nicht nur stinksauer, er steht kurz vor der Explosion. Ebenso wie die Bombe, die uns den ganzen Schlamassel überhaupt erst eingebrockt hat. Die tickt munter vor sich hin, während meine Welt um mich herum zusammenbricht.
Doch da gibt es auch noch etwas anderes, das mir auf der Seele brennt …

Boom Shaka Laka in Vegas ist der vierte von Jons übernatürlichen Fällen. Es kriselt etwas im Hause Ban/Havili, aber keine Beziehung kommt ohne Streit aus. Einfühlsam erzählt A. J. Sherwood die private Seite des Ermittlerpaares, spannend die Geschichte um den Bombenleger. Neue Charaktere werden eingeführt (die Bane/Havili-Familie wächst und wächst), was leider etwas zu Lasten der bereits bekannten geht. Da die beiden außerhalb ihrer Komfortzone ermitteln ist das zwar nicht verwunderlich, aber doch etwas schade, denn auch die Geschichten der anderen Charaktere hätte ich gerne gelesen und nicht nur als Randnotiz mitbekommen. Dass der Kriminalfall irgendwann nur eine Randerscheinung ist, kennt man von den Vorgängern, die nicht unbedingt ein MustRead sind, aber mehr über den Hintergrund von Bane und Havili verraten. Und amüsant sind sie allemal.
Die Figuren sind wie gewohnt sympathisch, gut nachvollziehbar und wachsen einem schnell ans Herz, auch wenn man vielleicht doch ein bisschen sehr viel Heile Familie geboten bekommt ... aber warum auch nicht, irgendwie passt es hier und vielleicht ist das auch die Stärke der Serie... die tägliche Ladung Kitsch für jedermann...
Stilistisch bietet die Autorin gewohnt solide Kost, eine unterhaltsame Mischung aus Action, Humor, Romantik und ... Erotik. Man findet schnell in die Geschichte hinein, auch ohne jegliche Vorkenntnisse und ist leider auch schnell wieder draußen, denn die Bücher von A. J. Sherwood haben Suchtcharakter und lesen sich schnell.
Seichte Kost ganz klar, aber das darf hin und wieder auch sein, wenn es so unterhaltsam und auch spannend präsentiert wird.

Freitag, 24. Mai 2024

Anthony Horowitz: Mord stand nicht im Drehbuch (Hörbuch) (Rezension)

Falsche Fährten und wahre Täter: "Tut mir leid, Hawthorne. Aber die Antwort ist nein." Entschieden erklärt Anthony Horowitz die Zusammenarbeit mit Privatdetektiv Daniel Hawthorne für beendet. Er ist mit anderen Dingen beschäftigt, denn sein Theaterstück Mindgame soll in den nächsten Tagen uraufgeführt werden. Noch während der Premierenfeier macht die vernichtende Besprechung in der Sunday Times die Runde. Vor allem das Skript wird verrissen. Und am nächsten Morgen wird die Kritikerin tot aufgefunden, ermordet mit einem antiken Dolch, der dem Autor gehört, und auf dem seine Fingerabdrücke verteilt sind. Er wird verhaftet, und in seiner Zelle wird ihm voller Verzweiflung klar, dass ihm jetzt nur noch einer helfen kann - Daniel Hawthorne. Aber wird der sich darauf einlassen, nach allem, was vorgefallen ist?
MORD STAND NICHT IM DREHBUCH ist der vierte Fall in dem Hawthorne zusammen mit Autor Horowitz ermittelt, wobei der Schriftsteller nur Mitläufer ist, bzw. in diesem Fall auch Tatverdächtiger. Eine Premiere, ein verrissenes Drehbuch, eine tote Kritikerin ... und eine Menge Täter (wobei sich die Polizei, unfähig wie immer, natürlich nur auf einen Täter beschränkt). Kurzweilig, spannend und überraschend bietet Horowitz einen kurzen Krimi, der sich schnell liest, bzw. hört (weil man den amüsanten Spaß nicht beiseite legen will). Ich mag das ungleiche Paar, dass irgendwie nicht zusammenpassen mag aber doch harmoniert. Ein bisschen erinnert mich der Horowitz im Roman auch an die Krimis von Isaac Asimov, wenn der Autor selbst in Erscheinung tritt... da merkt man wie viel Spaß es machen kann sich selbst zu beschreiben (und dabei nicht wirklich heroisch vorgeht). Intelligent, witzig und spannend ... auch wenn der Anfang der Handlung in jedem Cosy Krimi irgendwann mal auftaucht, Horowitz macht mehr daraus als ein übliches "MORD BEI DER PREMIERE". und weil es ein Hörbuch ist sollte ich auch ein paar Worte über Uve Teschner verlieren, was ziemlich leicht ist, denn ich mag den Sprecher und so muss und kann ich auch sagen, dass er hervorragende Arbeit leistet. Es macht viel Spaß ihm zuzuhören.
Und es ist nicht zwingend notwendig die Vorgänger zu kennen. Mir fehlt auch noch ein Teil (wie ich beim Schreiben dieser Rezension festgestellt habe), aber ich hatte nicht das Gefühl, dass ich unbedingt wissen müsste, was in den Vorgängern passiert ist ... aber soweit ich sie kenne entgeht einem viel Spaß dabei.

Donnerstag, 23. Mai 2024

Camilla Läckberg/Henrik Fexeus: Finsternebel (Hörbuch)(Rezension)

Finsternebel, der 2. Teil der soghaft-düsteren Krimi-Trilogie um Kommissarin Mina Dabiri und Mentalist Vincent Walder, ist ein Wettlauf gegen die Zeit, um ein vertracktes Rätsel zu lösen und das Leben eines Kindes zu retten.
Unter Hochdruck ermitteln die Stockholmer Kommissarin Mina Dabiri und ihr Team im Fall einer Kindesentführung – es gab bereits einen ähnlichen Vorfall, und der endete drei Tage später in einer Tragödie. Doch auch diesmal können sie das Kind nicht retten.
Als Mina auf einen dritten Fall stößt, ahnt sie, dass etwas Großes, Dunkles im Gange ist: Menschenhandel, ein Pädophilenring, gar eine Sekte? Da jede Spur in eine Sackgasse zu führen scheint, wendet sich Mina erneut an den genialen Mentalisten Vincent Walder. Nur gemeinsam kann es dem ungewöhnlichen Duo gelingen, das Rätsel hinter den Fällen zu entschlüsseln. Aber die Uhr tickt...

Wie man sich nur täuschen kann... Schwarzlicht hat mich regelrecht begeistert, auch wenn es die Bücher, die ich danach von Camilla Läckberg gelesen habe, nicht konnten. Aber manchmal ist es hilfreich wenn man sich zu einem Duo zusammentut (das kann auch bei James Patterson funktionieren). Aber ich habe mich auf das Hörbuch und Vera Teltzs Stimme gefreut. Vielleicht waren meine Erwartungen zu hoch, aber so begeistert ich von Teil eins der Trilogie war, so enttäuscht hat mich Teil zwei. Die Geschichte ist durchaus interessant und nimmt eine unerwartete Wendung an, aber vieles ist so vorhersehbar, dass dabei die Spannung auf der Strecke bleibt. Die Protagonisten Vincent Walder und Mia Dabiri und ihr Team sind sympathisch (oder zumindest tolerierbar) und die Ermittlungen sind interessant und halten den Hörer bei Laune. Es geht um Sekten und sektenähnliche Einrichtungen und ihre Arbeitsweise. Nicht wirklich neues wird dem Thema leider nicht hinzugefügt, da war zu viel bereits aus anderen Büchern/Serien bekannt und teilweise besser umgesetzt. Da hätte man mehr daraus machen können, denn dass das Autorenteam schreiben kann und gut harmoniert hat es bereits bewiesen.
Schwedische Krimis gehen besser und ich hoffe, dass das Ende der Trilogie so gut wie der erste Teil wird.


Mittwoch, 22. Mai 2024

Martin Österdahl: Der Kormoran (Rezension)

Sankt Petersburg: Eine junge Frau verschwindet spurlos. Stockholm: Ein Hackerangriff legt das Mobilfunknetz lahm. Russlandexperte Max Anger ermittelt!
Paschie, Mitarbeiterin einer schwedischen Denkfabrik, verschwindet in Sankt Petersburg spurlos. Zeitgleich legt ein Hackerangriff das schwedische Mobilfunknetz lahm. Max Anger, Paschies Freund und Kollege, unterbricht die Nachforschungen zu seiner Familiengeschichte, um sie zu suchen. Ihm bleibt nicht viel Zeit, will er die Frau, die er liebt, lebend wiedersehen. Denn Paschie ist einem gefährlichen Mann in die Quere gekommen. Als Max entdeckt, dass es eine Verbindung zwischen Paschies Verschwinden, dem Hackerangriff und seiner eigenen Vergangenheit gibt, ist es fast zu spät.

Martin Österdahl ist ein schwedischer Fernsehproduzent und Autor. Zwischen 2008 und 2014 arbeitete er für SVT. Österdahl absolvierte die Universität Uppsala, wo er Wirtschaft, russische Philologie und internationale Beziehungen studierte. Er war ausführender Produzent der Melodifestivalen 2007 und Melodifestivalen 2008 (den schwedischen Vorentscheidungen für den ESC). Er war ein Co-Produzent des Eurovision Song Contest 2013 und des Eurovision Song Contest 2016 in Schweden.
Am 20. Januar 2020 gab die Europäische Rundfunkunion bekannt, dass Martin Österdahl nach dem Eurovision Song Contest 2020 das Amt des Supervisors und Leiters von Live-Events der EBU übernimmt. Er wird damit Nachfolger von Jon Ola Sand, der im November 2019 seinen Rücktritt von diesen Positionen bekanntgab. Der ESC 2020 wurde allerdings wegen der COVID-19-Pandemie abgesagt. Der Junior Eurovision Song Contest 2020 war das erste EBU-Live-Event, das er leitete.
Als ESC-Fan kenne ich Österdahl natürlich, oder sollte ihn kennen, aber als ich das Buch zum Lesen bekam, sagte mir der Name nichts. Wieder so ein Schwede, der einen Krimi schreibt. Dann kam der ESC und da tauchte ein Martin Österdahl auf und da machte es klick. Ich wusste nur nicht, dass er auch Thriller/Krimis schreibt und das bereits seit 2016. DER KORMORAN ist sein erster Roman gewesen, gleichzeitig auch der erste teil seiner Max Anger-Reihe.
Um es kurz zu machen: Überzeugt hat mich die Handlung des Buchs nicht. Der Schreibstil hätte überzeugen können, denn Österdahl schafft es (bei seinem Hintergrund) die politischen Verwicklungen leicht verständlich zu machen. Der Hintergrund ist es auch, der das Buch interessant macht, mir aber nicht genug Anreiz gibt die nachfolgenden Bände auch zu lesen. Wirklich etwas Neues habe ich nicht gelesen, und besonders interessant fand ich die Protagonisten auch nicht. Der Markt an schwedischen Thrillern/Krimis scheint übersättigt zu sein, davon gibt und gab es vielleicht viel zu viele und auch der Russlandhintergrund des Kormorans macht aus dem Roman nicht mehr als Durchschnittsware. Ein bisschen habe ich die Spannung vermisst, die gegen Ende zwar auftaucht, aber für einen Thriller dann doch zu wenig bleibt.
DER KORMORAN ist ein komplexer Politthriller mit einer Vielzahl von Themen (vielleicht zu vielen) mit einem Protagonisten der älter wirkt als er eigentlich ist und einem Antagonisten der klischeehaft böse ist. Reicht das um gut zu unterhalten? Nein. Das, was mich an der Stange gehalten hat war, wie gesagt, der politische Hintergrund. Ob das historisch alles korrekt war/ist muss ich hinnehmen oder als künstlerische Freiheit tolerieren, aber ich selbst habe davon dann doch zu wenig (bis keine) Ahnung.
Solide geschrieben, aber kein Highlight.

Donnerstag, 16. Mai 2024

Andrea Maria Schenkel: Finsterau (Rezension)

Ein Dorf im Bayerischen Wald. 1944 kehrt die schwangere Afra Zauner dorthin zurück, in die Enge ihres Elternhauses, das sie Jahre zuvor verlassen hat, um ihr Glück anderswo zu versuchen. Im Sommer 1947 ist sie tot, liegt blutüberströmt in der kargen Wohnstube ... Auch Johann Zauner hat es nicht leicht gehabt in seinem Leben: Der Erste Weltkrieg, die harte Arbeit als Tagelöhner, die Ehe mit Theres, an der er stets zweifelte und die lange kinderlos blieb, dann Afras Geburt. Mit dieser Tochter wollte der Herr sie vom ersten Tag an einer Prüfung unterziehen, glaubt Zauner, hatte Afra doch immer ihren eigenen Kopf, log, war von klein auf widerspenstig und störrisch. Nur der Glaube gab Zauner immer Halt, auch als die Nazis an die Macht kamen, die er verachtete. Hat er, der strenggläubige Katholik, seine eigene Tochter erschlagen, die mit einem unehelichen Kind Schande über seine Familie gebracht hat? 

Montag, 13. Mai 2024

Lucia Herbst: Persephone - Verdammt mächtig (Rezension)

»Ich will nicht bei ihm bleiben, aber ich habe Angst zu gehen. Mit mir an seiner Seite bleibt er berechenbar. Doch wenn ich mich trenne, fürchte ich nicht nur um meine Existenz, sondern um die der Welt.«
Ermutigt durch Medusas Prozess versucht die Frühlingsgöttin Persephone, sich aus der Zwangsehe mit dem Herrscher der Unterwelt Hades zu befreien. Sie träumt von einem ruhigen Leben auf der Oberwelt. Allerdings ist sowohl ihr Körper an die Unterwelt gebunden, als auch ihre Seele nach Jahrtausenden im Reich der Toten vergiftet.
Verzweifelt setzt sie für ihre Freiheit die Göttlichkeit aufs Spiel, während Hades im Gegenzug bereit ist, die Welten der Lebenden und der Toten ins Chaos zu stürzen, um sie zurückzubekommen. Erst in seiner Falle begreift Persephone, dass es neben Fügen oder Fliehen noch eine dritte Option gibt: Kämpfen.

Donnerstag, 9. Mai 2024

A. J. Sherwood: Lug und Spuk (Rezension)

Ich habe in meinem Leben schon an einigen merkwürdigen Fällen mitgearbeitet, aber unser neuer toppt echt alle. Mitten in einer Mordermittlung verschwindet die Leiche, und niemand hat auch nur die geringste Ahnung, was mit ihr passiert sein könnte. Das ist wirklich eine Premiere. Unsere Agentur soll das Ermittlerteam überprüfen, um festzustellen, wer die Sache verbockt hat. Darauf sind wir allerdings nicht besonders scharf, denn der Tatort ist ein weithin bekanntes Spukhaus. Und als wir nach vier Stunden Fahrt ankommen und ich sehe, mit wem wir es dort zu tun haben, möchte ich am liebsten sofort auf dem Absatz kehrtmachen und schnurstracks nach Nashville zurückfahren.
Dieser Fall ist kompliziert und bizarr, und absolut nichts ist so, wie es auf den ersten Blick scheint. Selbst für meine Augen … Um die Wahrheit ans Licht zu bringen, müssen wir wohl ganz tief graben.

LUG UND SPUK ist der dritte von Jons übernatürlichen Fällen und bisher der Beste. Die Spukhaus-Thematik hätte gerne noch weiter ausgebaut werden können (das kann auch ohne Geister interessant sein), aber auch so haben Jon und sein Team viel zu tun ... und dabei spielt die Familie eine große Rolle, was zu amüsanten und längst überfälligen Szenen führt. Und es gibt weitere schwule Charaktere ... und Wände, was irgendwie witzig ist wie Jon, bzw. Don, aus deren Sicht erzählt wird, diese sehen ... Fans der Reihe wissen über die Bedeutung von Wänden, der Neuleser wird es erfahren denn es ist problemlos möglich die Bände einzeln zu lesen, wobei es mehr Spaß macht die gesamte Vorgeschichte(n) zu kennen. Schade eigentlich nur, dass der Kriminalfall ab einem gewissen Zeitpunkt nur noch Beiwerk ist und der Leser bei der Verhaftung (wie Jon und sein Team) auch nur am Rande beteiligt ist (wenn überhaupt). Da könnten interessante Szenen verschenkt werden. Aber wie gesagt: DER BESTE BAND DER REIHE (bisher) und es besteht Hoffnung, dass auch die Nachfolger nicht enttäuschen.

Mittwoch, 8. Mai 2024

Cornelia Funke: Die Rache der Farbe (Rezension)

Fünf Jahre sind seit den Geschehnissen in "Tintentod" vergangen. Fünf glückliche Jahre. Aber dann wird Eisenglanz gesichtet, der Glasmann von Orpheus, dem erbitterten, silberzüngigen Feind von Meggie, Mo und Staubfinger. Der Grund: Orpheus plant Rache an allen, die ihn zu Fall gebracht haben, doch vor allem an Staubfinger, und er nutzt einen furchtbaren Zauber. Sind Bilder mächtiger als Worte? Staubfinger zieht aus, die Antwort zu finden. Der Schwarze Prinz aber macht sich auf die Jagd nach Orpheus.
2003 erschien Tintenherz, der erste Teil der Tintenwelt-Trilogie, 2007 mit Tintentod der letzte. 20 Jahre nach Tintenherz wird aus der Trilogie eine Tetralogie und man darf sich fragen: Warum? Muss das wirklich sein? Hat die Autorin das wirklich nötig? Ich kann die Fragen nicht beantworten, aber ich war skeptisch und natürlich neugierig auf das Buch. Während in der realen Welt zwei Jahrzehnte vergangen sind, waren es in der Tintenwelt nur fünf Jahre. Aber Cornelia Funke erzählt nicht eine weitere Geschichte von Meggie und Mo. Es sind Staubfinger und Orpheus, die im Mittelpunkt stehen, und auch wenn die bekannten Personen aus der Trilogie hin und wieder auftreten, so sind es meist neue Figuren oder solche, die früher eher unbedeutend waren. Und vielleicht ist das auch gut so, denn Frau Funke schafft es problemlos den Leser in ihre Welt zu ziehen (wobei es bei mir auch noch nicht lange her ist als ich mir die Trilogie in Erinnerung gerufen habe). Spannend erzählt sie eine weitere Geschichte aus der Tintenwelt und diesmal sind es nicht Worte, die sich als Gefahr erweisen. Die Handlung hat mir gut gefallen, aber ich würde zu viel verraten, wenn ich in die Tiefe gehen würde. Aber es bleibt spannend bis zum Schluss. Was mich nur etwas gestört hat war Orpheus mit seinem Gejammer und seiner Überheblichkeit. Das war teilweise zu viel. Aber Cornelia Funke hat den Fans ein unterhaltsames Buch für jede Altersklasse geboten, fantasievoll und kreativ, so wie man es von Autorin und ihrer Tintenwelt kennt.

Dienstag, 7. Mai 2024

Marion Gibson: Hexen - Eine Weltgeschichte in 13 Prozessen vom Mittelalter bis heute (Rezension)

In 13 Prozessen aus Geschichte und Gegenwart begegnet Marion Gibson Menschen vom Rand der Gesellschaft, meist Frauen, die als böse und gefährlich abgestempelt, als Hexen angeklagt, verurteilt und nicht selten getötet werden. Die Geschichte hat sie zum Schweigen gebracht, Marion Gibson gibt ihnen ihre Stimmen zurück. Sie erforscht die Überschneidungen von Geschlecht und Macht, indigener Spiritualität und kolonialer Herrschaft sowie politischer Verschwörung und individuellem Widerstand – und zeigt, wie in jeder Epoche und an jedem Ort Angst als Waffe gegen unliebsame Menschen eingesetzt werden kann.
Marion Gibson ist Professorin für Renaissance und magische Literaturen an der Universität von Exeter. Obwohl sie bereits einige Bücher über Hexen geschrieben hat ist "Hexen - Eine Weltgeschichte in 13 Prozessen vom Mittelalter bis heute" meines Wissens das einzige, das bisher in deutsch erschienen ist. Hier erzählt sie in 13 Kapiteln die Lebensgeschichten (soweit sie sich rekonstruieren lassen) einiger als Hexen oder Hexer Beschuldigter und auch ihrer Ankläger (die manchmal auch nicht viel anders sind als die sogenannten Hexen).

Montag, 6. Mai 2024

Leena Lander: Die Insel der Schwarzen Schmetterlinge (Rezension)

Eine namenlose Insel in den Schären, irgendwo vor der Küste Finnlands: Hier ist nichts als das Erziehungsheim, in das der junge Juhani geschickt wird. Schnell bekommt er die strengen Regeln des Heimleiters zu spüren. Denn dieser will seinen Zöglingen zeigen, dass das Unmögliche möglich ist, und züchtet zu diesem Zweck und trotz des rauen, kalten Klimas in einem Treibhaus Seidenraupen. Doch dann geschieht ein Mord im Schmetterlingshaus, eine verhängnisvolle Affäre kommt ans Licht, und aus den Raupen schlüpfen keine weißen Falter, sondern schwarze ...
Leena Lander ist eine der bedeutendsten finnischen Autorinnen der Gegenart (glaubt man der Autorenbeschreibung des Buchs). Sie schreibt neben Romanen auch für Hörfunk, Fernsehen und Theater. Ihre Werke wurden mehrfach ausgezeichnet. 1992 gewann sie die finnische Danke-für-das-Buch-Medaille für ihren Roman Die Insel der schwarzen Schmetterlinge.