Donnerstag, 16. Mai 2024

Andrea Maria Schenkel: Finsterau (Rezension)

Ein Dorf im Bayerischen Wald. 1944 kehrt die schwangere Afra Zauner dorthin zurück, in die Enge ihres Elternhauses, das sie Jahre zuvor verlassen hat, um ihr Glück anderswo zu versuchen. Im Sommer 1947 ist sie tot, liegt blutüberströmt in der kargen Wohnstube ... Auch Johann Zauner hat es nicht leicht gehabt in seinem Leben: Der Erste Weltkrieg, die harte Arbeit als Tagelöhner, die Ehe mit Theres, an der er stets zweifelte und die lange kinderlos blieb, dann Afras Geburt. Mit dieser Tochter wollte der Herr sie vom ersten Tag an einer Prüfung unterziehen, glaubt Zauner, hatte Afra doch immer ihren eigenen Kopf, log, war von klein auf widerspenstig und störrisch. Nur der Glaube gab Zauner immer Halt, auch als die Nazis an die Macht kamen, die er verachtete. Hat er, der strenggläubige Katholik, seine eigene Tochter erschlagen, die mit einem unehelichen Kind Schande über seine Familie gebracht hat? 

Montag, 13. Mai 2024

Lucia Herbst: Persephone - Verdammt mächtig (Rezension)

»Ich will nicht bei ihm bleiben, aber ich habe Angst zu gehen. Mit mir an seiner Seite bleibt er berechenbar. Doch wenn ich mich trenne, fürchte ich nicht nur um meine Existenz, sondern um die der Welt.«
Ermutigt durch Medusas Prozess versucht die Frühlingsgöttin Persephone, sich aus der Zwangsehe mit dem Herrscher der Unterwelt Hades zu befreien. Sie träumt von einem ruhigen Leben auf der Oberwelt. Allerdings ist sowohl ihr Körper an die Unterwelt gebunden, als auch ihre Seele nach Jahrtausenden im Reich der Toten vergiftet.
Verzweifelt setzt sie für ihre Freiheit die Göttlichkeit aufs Spiel, während Hades im Gegenzug bereit ist, die Welten der Lebenden und der Toten ins Chaos zu stürzen, um sie zurückzubekommen. Erst in seiner Falle begreift Persephone, dass es neben Fügen oder Fliehen noch eine dritte Option gibt: Kämpfen.

Donnerstag, 9. Mai 2024

A. J. Sherwood: Lug und Spuk (Rezension)

Ich habe in meinem Leben schon an einigen merkwürdigen Fällen mitgearbeitet, aber unser neuer toppt echt alle. Mitten in einer Mordermittlung verschwindet die Leiche, und niemand hat auch nur die geringste Ahnung, was mit ihr passiert sein könnte. Das ist wirklich eine Premiere. Unsere Agentur soll das Ermittlerteam überprüfen, um festzustellen, wer die Sache verbockt hat. Darauf sind wir allerdings nicht besonders scharf, denn der Tatort ist ein weithin bekanntes Spukhaus. Und als wir nach vier Stunden Fahrt ankommen und ich sehe, mit wem wir es dort zu tun haben, möchte ich am liebsten sofort auf dem Absatz kehrtmachen und schnurstracks nach Nashville zurückfahren.
Dieser Fall ist kompliziert und bizarr, und absolut nichts ist so, wie es auf den ersten Blick scheint. Selbst für meine Augen … Um die Wahrheit ans Licht zu bringen, müssen wir wohl ganz tief graben.

LUG UND SPUK ist der dritte von Jons übernatürlichen Fällen und bisher der Beste. Die Spukhaus-Thematik hätte gerne noch weiter ausgebaut werden können (das kann auch ohne Geister interessant sein), aber auch so haben Jon und sein Team viel zu tun ... und dabei spielt die Familie eine große Rolle, was zu amüsanten und längst überfälligen Szenen führt. Und es gibt weitere schwule Charaktere ... und Wände, was irgendwie witzig ist wie Jon, bzw. Don, aus deren Sicht erzählt wird, diese sehen ... Fans der Reihe wissen über die Bedeutung von Wänden, der Neuleser wird es erfahren denn es ist problemlos möglich die Bände einzeln zu lesen, wobei es mehr Spaß macht die gesamte Vorgeschichte(n) zu kennen. Schade eigentlich nur, dass der Kriminalfall ab einem gewissen Zeitpunkt nur noch Beiwerk ist und der Leser bei der Verhaftung (wie Jon und sein Team) auch nur am Rande beteiligt ist (wenn überhaupt). Da könnten interessante Szenen verschenkt werden. Aber wie gesagt: DER BESTE BAND DER REIHE (bisher) und es besteht Hoffnung, dass auch die Nachfolger nicht enttäuschen.

Mittwoch, 8. Mai 2024

Cornelia Funke: Die Rache der Farbe (Rezension)

Fünf Jahre sind seit den Geschehnissen in "Tintentod" vergangen. Fünf glückliche Jahre. Aber dann wird Eisenglanz gesichtet, der Glasmann von Orpheus, dem erbitterten, silberzüngigen Feind von Meggie, Mo und Staubfinger. Der Grund: Orpheus plant Rache an allen, die ihn zu Fall gebracht haben, doch vor allem an Staubfinger, und er nutzt einen furchtbaren Zauber. Sind Bilder mächtiger als Worte? Staubfinger zieht aus, die Antwort zu finden. Der Schwarze Prinz aber macht sich auf die Jagd nach Orpheus.
2003 erschien Tintenherz, der erste Teil der Tintenwelt-Trilogie, 2007 mit Tintentod der letzte. 20 Jahre nach Tintenherz wird aus der Trilogie eine Tetralogie und man darf sich fragen: Warum? Muss das wirklich sein? Hat die Autorin das wirklich nötig? Ich kann die Fragen nicht beantworten, aber ich war skeptisch und natürlich neugierig auf das Buch. Während in der realen Welt zwei Jahrzehnte vergangen sind, waren es in der Tintenwelt nur fünf Jahre. Aber Cornelia Funke erzählt nicht eine weitere Geschichte von Meggie und Mo. Es sind Staubfinger und Orpheus, die im Mittelpunkt stehen, und auch wenn die bekannten Personen aus der Trilogie hin und wieder auftreten, so sind es meist neue Figuren oder solche, die früher eher unbedeutend waren. Und vielleicht ist das auch gut so, denn Frau Funke schafft es problemlos den Leser in ihre Welt zu ziehen (wobei es bei mir auch noch nicht lange her ist als ich mir die Trilogie in Erinnerung gerufen habe). Spannend erzählt sie eine weitere Geschichte aus der Tintenwelt und diesmal sind es nicht Worte, die sich als Gefahr erweisen. Die Handlung hat mir gut gefallen, aber ich würde zu viel verraten, wenn ich in die Tiefe gehen würde. Aber es bleibt spannend bis zum Schluss. Was mich nur etwas gestört hat war Orpheus mit seinem Gejammer und seiner Überheblichkeit. Das war teilweise zu viel. Aber Cornelia Funke hat den Fans ein unterhaltsames Buch für jede Altersklasse geboten, fantasievoll und kreativ, so wie man es von Autorin und ihrer Tintenwelt kennt.

Dienstag, 7. Mai 2024

Marion Gibson: Hexen - Eine Weltgeschichte in 13 Prozessen vom Mittelalter bis heute (Rezension)

In 13 Prozessen aus Geschichte und Gegenwart begegnet Marion Gibson Menschen vom Rand der Gesellschaft, meist Frauen, die als böse und gefährlich abgestempelt, als Hexen angeklagt, verurteilt und nicht selten getötet werden. Die Geschichte hat sie zum Schweigen gebracht, Marion Gibson gibt ihnen ihre Stimmen zurück. Sie erforscht die Überschneidungen von Geschlecht und Macht, indigener Spiritualität und kolonialer Herrschaft sowie politischer Verschwörung und individuellem Widerstand – und zeigt, wie in jeder Epoche und an jedem Ort Angst als Waffe gegen unliebsame Menschen eingesetzt werden kann.
Marion Gibson ist Professorin für Renaissance und magische Literaturen an der Universität von Exeter. Obwohl sie bereits einige Bücher über Hexen geschrieben hat ist "Hexen - Eine Weltgeschichte in 13 Prozessen vom Mittelalter bis heute" meines Wissens das einzige, das bisher in deutsch erschienen ist. Hier erzählt sie in 13 Kapiteln die Lebensgeschichten (soweit sie sich rekonstruieren lassen) einiger als Hexen oder Hexer Beschuldigter und auch ihrer Ankläger (die manchmal auch nicht viel anders sind als die sogenannten Hexen).

Montag, 6. Mai 2024

Leena Lander: Die Insel der Schwarzen Schmetterlinge (Rezension)

Eine namenlose Insel in den Schären, irgendwo vor der Küste Finnlands: Hier ist nichts als das Erziehungsheim, in das der junge Juhani geschickt wird. Schnell bekommt er die strengen Regeln des Heimleiters zu spüren. Denn dieser will seinen Zöglingen zeigen, dass das Unmögliche möglich ist, und züchtet zu diesem Zweck und trotz des rauen, kalten Klimas in einem Treibhaus Seidenraupen. Doch dann geschieht ein Mord im Schmetterlingshaus, eine verhängnisvolle Affäre kommt ans Licht, und aus den Raupen schlüpfen keine weißen Falter, sondern schwarze ...
Leena Lander ist eine der bedeutendsten finnischen Autorinnen der Gegenart (glaubt man der Autorenbeschreibung des Buchs). Sie schreibt neben Romanen auch für Hörfunk, Fernsehen und Theater. Ihre Werke wurden mehrfach ausgezeichnet. 1992 gewann sie die finnische Danke-für-das-Buch-Medaille für ihren Roman Die Insel der schwarzen Schmetterlinge.