Dienstag, 14. Mai 2024

Sebastian Conrad: Die Königin (Rezension)

 
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Eine Reise auf den Spuren der sagenhaften Königin
Ihre Entdeckung im ägyptischen Tell el-Amarna war eine Sensation, ihre Präsentation 1924 in Berlin sorgte für Furore weit über Deutschland hinaus. Inzwischen reicht schon ihre Silhouette aus, und alle wissen, wer gemeint ist und wofür sie steht. Was aber ist der Grund dafür, dass die weltberühmte Büste der Nofretete heute an ganz unterschiedlichen Orten als Paradebeispiel für weibliche Schönheit verstanden wird? Und wie kommt es, dass Nofretetes Zauber mehr als drei Jahrtausende unbeschadet überstanden hat?
Der Historiker Sebastian Conrad nimmt uns mit auf eine Reise in das alte Ägypten und die Welt der Pharaonen; er schildert, unter welch dubiosen Umständen die Büste im Zeitalter des Kolonialismus nach Berlin gelangte und wie seither um ihren Besitz gerungen wird. Seine weitgespannte historische Erzählung führt uns nicht nur nach Berlin und Kairo, sondern auch nach China, Indien und Brasilien, und wir erfahren, warum sich heute gerade Künstlerinnen wie Beyoncé und Rihanna als Wiedergängerinnen Nofretetes inszenieren.

Kurz gesagt: DIE KÖNIGIN ist ein Sachbuch, so spannend geschrieben wie ein Krimi und gleichzeitig informativ und zum Nachdenken anregend. Und irgendwie wäre damit schon alles gesagt.
DIE KÖNIGIN ist kein Buch über die reale Nofretete oder dem alten Ägypten, es ist die Büste dieser Königin, die das zentrale Thema ist und man glaubt gar nicht, was man über diese schreiben kann. Nicht nur, dass Nofretete eine faszinierende ägyptische Königin, ihre Büste ist nach Jahrtausenden nicht weniger interessant.
Nofretete war die Hauptgemahlin (Große königliche Gemahlin) des Königs (Pharaos) Echnaton (Amenophis IV.) und lebte im 14. Jahrhundert v. Chr. Bekannt wurde die Königin durch die Büste der Nofretete aus Kalkstein und Gips. Die Büste wurde am 6. Dezember 1912 bei Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft unter Leitung von Ludwig Borchardt in Tell el-Amarna in Haus P 47,2, der Werkstatt des Oberbildhauers Thutmosis, entdeckt(der tatsächliche "Entdecker" wird in Sebastian Conrads Buch ausgiebig gewürdigt und zeigt gleichzeitig die Wahrnehmung der Europäer/Nordamerikaner, die im Laufe von DIE KÖNIGIN mehrmals Erwähnung finden). Sie wurde im Januar 1913 im Rahmen der Fundteilung mit Genehmigung der ägyptischen Altertümerverwaltung nach Deutschland gebracht, bisherige Anfragen sie nach Ägypten zurück zu bringen wurden immer abgelehnt, die Gründe dafür sind nicht weniger interessant. 1920 ging die Büste der Nofretete durch eine Schenkung von James Simon mit weiteren Objekten, die Dauerleihgabe an die Ägyptische Abteilung der königlich preußischen Kunstsammlungen waren, an den preußischen Staat. Eine erste öffentliche Präsentation im für die ägyptische Sammlung der Staatlichen Museen zu Berlin errichteten Museum auf der Berliner Museumsinsel erfolgte 1924. Zum Ende des Zweiten Weltkriegs war die Büste im Salzbergwerk Merkers versteckt worden, wo sie von amerikanischen Truppen neben vielen anderen Kunstschätzen geborgen wurde. Heute ist sie im Besitz der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und befindet sich unter der Inventarnummer 21300 als Hauptattraktion im Ägyptischen Museum Berlin.
Aber nach wie vor ist Nofretete (s Büste) weltweit in aller Munde und zahlreiche Stars bedienen sich ihrer zu unterschiedlichen Zwecken. Und zu meiner Schande muss ich eingestehen, dass ich ein bisschen denke wie der Europäer in Sebastian Conrads Buch (was zeigt, wie greifend Verallgemeinerungen sein können) und mir über die Hautfarbe der Königin nie Gedanken gemacht habe. In diesem Zusammenhang wird auch Kleopatra erwähnt.
DIE KÖNIGIN ist ein Buch für alle die sich für Kunst oder das alte Ägypten interessieren, auch wenn letzteres nur bedingt eine Rolle spielt.

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