Dienstag, 10. Dezember 2024

Rolf Sakulowski: Das Elisabeth-Rätsel (Rezension)

Eine geheimnisumwitterte Reliquie und ein Historiker auf riskanter Mission. Schock für Historiker Jonas Wiesenburg: Sein väterlicher Freund Gotthold wurde im eigenen Haus grausam ermordet. In einem Testament hinterlässt der betagte Mann Jonas ein Rätsel, das auf eine kostbare jahrhundertealte Reliquie verweist – das Herz der heiligen Elisabeth von Thüringen. Jonas weiß: Nur wenn er das Rätsel löst, kann er auch Gottholds Mörder entlarven. Er ahnt jedoch nicht, dass dieser ihn schon längst im Blick hat …

Nach Glocken und Freikugeln widmet sich Rolf Sakulowski in seinem "dritten" Jonas Wiesenburg-Fall einer Reliquie der Heiligen Elisabeth von Thüringen.
Elisabeth von Thüringen war eine ungarische Prinzessin und deutsche Landgräfin. Sie wird auch Elisabeth von Ungarn genannt (ungarisch Árpád-házi Szent Erzsébet). Seit Pfingsten 1235 ist sie eine Heilige der katholischen Kirche und galt in Deutschland zeitweise auch als „Nationalheilige“. Der Namenstag der Landespatronin von Thüringen und Hessen fällt auf den 19. November, den Tag ihrer Beisetzung. Als Sinnbild tätiger Nächstenliebe wird sie auch im Protestantismus verehrt.
Der Reliquienkult um die heilige Elisabeth steht in engem Zusammenhang mit dem Fest der feierlichen Translatio ihres Leichnams am 1. Mai 1236, das eine so große Menschenmenge anzog, dass es zu den herausragenden Ereignissen des mittelalterlichen Marburgs zählt. Zeitgenössische Quellen geben die Zahl der Anwesenden mit 1,2 Millionen an; sie dürfte jedoch wesentlich niedriger gewesen sein. Belegt ist, dass an der Zeremonie neben Kaiser Friedrich II. zahlreiche Adelige und hohe Würdenträger der Kirche teilnahmen.
Zur Vorbereitung der feierlichen Erhebung der Gebeine hatte der Deutsch-Ordens-Prior Ulrich von Dürn gemeinsam mit sieben weiteren Ordensbrüdern das Grab geöffnet, die Gebeine in ein Purpurtuch gehüllt und in einen Bleisarg umgebettet. Der Kopf wurde dabei vom übrigen Körper abgetrennt und der Schädel freipräpariert. Am Morgen des 1. Mai hob Kaiser Friedrich II. – barfuß und in ein graues Büßergewand gekleidet – gemeinsam mit weiteren Fürsten den Sarg aus dem Grab und überführte ihn vermutlich zum Altar der Wallfahrtskirche. Den Schädel – nach mittelalterlichem Verständnis die wichtigste Reliquie – legte er in einen goldenen Becher und versah ihn mit einer kostbaren Krone. Während die Gebeine 1249/50 in den Elisabethschrein umgebettet wurden, war das Kopfreliquiar wahrscheinlich vom Zeitpunkt der Erhebung an im Kirchenraum ausgestellt.
Im Jahr 1920 wurde in den Tageszeitungen berichtet, dass Teile vom Sarg in Marburg abgebrochen und über Frankfurt am Main in Deutschland in den Handel gebracht und zum Verkauf angeboten wurden. Es handelte sich um „eine Unmenge wertvoller Edelsteine“. Die Kriminalpolizei ermittelte in diesem Zusammenhang Personen aus Berlin; ob es zu einer Verurteilung kam, ist nicht bekannt.
Heute befindet sich das Reliquiar ohne Schädel im Historischen Museum in Stockholm.
Die im Schrein erhaltenen Gebeine blieben nicht lange vollständig, da Elisabethreliquien sehr begehrt waren: Die erste sicher belegte Elisabethreliquie außerhalb von Marburg ist eine Rippe, die sich um 1250 im Besitz der ältesten Tochter Sophie von Brabant befand. Das Kloster Altenberg besaß eine Armreliquie, die möglicherweise bereits 1236 in das Kloster gelangte, in dem die zweite Elisabethtochter Gertrud erzogen wurde und später Äbtissin war. Während der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts gelangte das Armreliquiar zunächst in den Besitz des Grafen Boos von Waldeck, dessen Familie es der Abtei Sayn übergab. Heute gehört es der Familie Sayn-Wittgenstein-Sayn, die es in der Schlosskapelle Sayn ausstellen lässt. Reliquien gelangten außerdem in Städte wie Halberstadt und Udine. Ein Bußgewand Elisabeths wird heute in der katholischen Pfarrkirche St. Martin in Oberwalluf im Rheingau aufbewahrt. In Sárospatak befindet sich seit 1988 eine Reliquie mit einem Partikel des Schädelknochens, ein Geschenk der Abtei Admont (Österreich), und ein Stück eines Brokatgewandes, das der Hl. Elisabeth zugeschrieben wird. In der Krypta der katholischen Kirche St. Peter und Paul (Marburg) befindet sich ein Reliquiar mit einem Knochenpartikel der Heiligen, das vom damaligen Wiener Erzbischof anlässlich der Kircheneinweihung an St. Peter und Paul geschenkt wurde, sowie ein Saumstück ihres Tertiarengewandes aus Oberwalluf im Rheingau. Eine weitere Reliquie wird seit 1936 in der Kapelle des ehemaligen katholischen Krankenhauses und heutigen Altenheims St. Elisabeth in Marburg, Lahnstraße aufbewahrt. Die Echtheit belegt ein Zertifikat, das 1931 von dem Wiener Erzbischof Pfiffl ausgestellt wurde.
In der Elisabethkirche in Marburg befinden sich heute keine Elisabethreliquien mehr. Im Jahr 1539 ließ der zum Protestantismus übergetretene Philipp I. von Hessen, ein direkter Nachfahre Elisabeths, ihre Gebeine aus dem Schrein sowie den Schädel aus dem Kopfreliquiar entfernen, um den Reliquienkult zu beenden. Der Verbleib der Gebeine ist unbekannt. Es ist möglich, dass der Schädel und zwei Schienbeine in das Kloster der Elisabethinen in Wien gelangten, wo sie bis heute als Elisabethreliquien verehrt werden. Ihre Echtheit ist nicht ausgeschlossen, allerdings auch nicht belegt.
DAS ELISABETH-RÄTSEL befasst sich mit dem Herz der Elisabeth (einer Reliquie, von der man annehmen darf, dass sie fiktiv ist).
Sakulowski entwickelt eine unterhaltsame, wie spannende, Schnitzeljagd um die Reliquie, verbindet dabei geschickt historische und gegenwärtige Ereignisse, Realität und Fiktion. So, wie man es von seinen anderen Wiesenburg-Krimis bereits kennt. Das Konzept kann mich nach wie vor überzeugen, langweilig wird es nicht. Und man glaubt gar nicht wie beschäftigt ein Historien-Detektiv sein kann. Diesmal ist es auch ein sehr persönlicher Fall, der der Schnitzeljagd noch den gewissen Kick verleiht. Die Charaktere entwickeln sich weiter, das Zusammenspiel der Hauptakteure ist harmonisch und glaubwürdig. Die Anzahl der Verdächtigen ist scheinbar überschaubar und doch legt Sakulowski viele falsche Fährten, so dass der Leser fast hinter jeder Ecke eine Überraschung erwarten kann.
Mir hat es sehr viel Spaß gemacht der Suche des Historikers zu folgen und auch das Eintauchen in die Reliquienkunde war spannend, weil ein Thema mit dem ich noch nie in Berührung gekommen bin, beziehungsweise mir darüber nie Gedanken gemacht habe.
Die Wiesenburg-Krimis sind auch für Fans historischer Romane geeignet und ich bin gespannt wie (und wann) es weiter geht. Es scheint ja nicht so, als ob Thüringen als Schauplatz nichts hergeben würde... es ist viel passiert.

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