Dienstag, 18. Oktober 2022

Lindsey Fitzharris: Der Horror der frühen Chirurgie (Rezension)

Als Harold Gillies die Verheerungen des Ersten Weltkriegs mit eigenen Augen sieht, ist er schockiert. Zu viele junge Männer werden nach nur einem falschen Augenblick ihrem Schicksal überlassen: für immer entstellt, für immer Monster in den Augen der Gesellschaft. Nach seiner Rückkehr ins Königreich setzt der junge Arzt alles daran, einen Weg zu finden, um das Leiden zu verringern. Mit stetem Einsatz, vielen Verbündeten und unkonventionellen Methoden baut er die erste »Schönheitsklinik« der Welt auf und kämpft fortan gegen das Stigma einer Generation. Sein Leben wird zum Gründungsakt einer Disziplin, die unsere Gegenwart unmissverständlich prägt.
Für die, die schön sein wollen, mussten andere leiden. Denn die Operationen der Schönheitschirurgie – Rhinoplastik, Lidstraffung, Fettabsaugung – haben ihren grausigen Ursprung im Ersten Weltkrieg. Im Schlamm der Schützengräben verlor eine ganze Generation das Gesicht, bis ein furchtloser Arzt den Grundstein legte für eine neue, revolutionäre Disziplin … Lindsey Fitzharris erzählt packend und erkenntnisreich vom Leben dieses Mannes und dem Wert der menschlichen Züge.
Die Anfänge der plastischen Chirurgie .... und vielleicht anders als man es sich vorstellen würde (denn wer jetzt an Gesichtsverschönerungen und Brustvergrößerungen denken mag, der wird enttäuscht werden, obwohl ... so ganz falsch liegt er nicht). Man könnte auch sagen dass die Schrecken des ersten Weltkriegs in diesem Buch neu aufleben und sich die Autorin mit jenen Menschen befasst, die durch Gesichtsverletzungen ein Leben lang entstellt sind und weniger als Kriegshelden angesehen werden als jene, die Gliedmaßen im Schützengraben verloren haben.
Lindsey Fitzharris trägt ihre Geschichte zusammen und die Geschichte der Ärzte, welche die plastische Chirurgie revolutionierten (allen voran Harold Gillies)... Wie bereits in DER HORROR DER FRÜHEN MEDIZIN gelingt Lindsey Fitzharris auch hier mit sehr anschaulichen und lebendig beschriebenen Beispielen eine spannende Reise in die medizinische Vergangenheit gelungen. Obwohl es sich hierbei um ein Sachbuch handelt, wirkt ihre Schreibweise wie ein Roman und lässt so ihre Hauptpersonen (Ärzte, Patienten, Krankenschwestern) lebendig werden (und menschlicher wirken als es jede Krankenhausserie vermag).
Wenig reißerisch, aber sehr anschaulich und doch sehr sensibel beschreibt Lindsey Fitzharris die Probleme der ersten Gesichtsoperationen und führt den Leser in eine unbekannte Welt ein, jenseits der heute üblichen Schönheits-OPs.
Ein lesenswertes, informatives und sehr kurzweiliges Buch für jeden der sich ein bisschen für Medizin interessiert und sich vor langen schwer verständlichen Fachbegriffen fürchtet.

1 Kommentar:

  1. Hallo Martin,

    das kommt jetzt gleich mal auf meine Wunschliste. Danke für's Vorstellen!

    Liebe Grüße
    Nicole

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