Willkommen in der Welt der Ignoranz.
Schon mal von Joseph Lister gehört? Nein? Ich auch nicht. Und das ist erst einmal ziemlich peinlich, da ich medizinisch doch nicht ganz ungebildet bin und selbst der medizinisch Ahnungslose könnte tatsächlich von ihm gehört haben (ein Blick ins Badezimmer könnte Abhilfe schaffen).
Aber natürlich hilft auch Wikipedia, um zu erfahren, wer dieser Joseph Lister ist:
Joseph Lister, (* 5. April 1827 in Upton, Essex; † 10. Februar 1912 in Walmer, Kent) war ein britischer Mediziner. Er machte sich einen Namen als „Vater der antiseptischen Chirurgie“.
Ein Großteil seiner Pionierarbeit in Antiseptischer Medizin entstand in Glasgow in den 1860er Jahren, wo Lister neben seiner Professur Chirurg an der Royal Infirmary war. Dabei wurde er von den Schriften von Louis Pasteur über Keime als Ursache von Fermentations- und Fäulnisprozessen beeinflusst, auf die ihn der Professor für Chemie in Glasgow Thomas Anderson 1865 aufmerksam machte. Der Einsatz von Phenol (damals „Karbolsäure“ genannt) zur Geruchsbekämpfung in Abwässern in der Stadt Carlisle und seine Verwendung im Rahmen der Neuanlage der Kanalisation in Paris durch Georges-Eugène Haussmann brachte Lister auf die Idee, in der Chirurgie und der Wundmedizin mit Phenol zu experimentieren. Zunächst wurde eine Phenollösung bei und nach Operationen über dem Operationsfeld vernebelt, so dass die Hände der Ärzte, die Instrumente und auch die Operationswunde mit einem bakterizidem Film benetzt wurden. Am 12. August 1865 führte er die erste Operation mit Phenol-Antisepsis an einem elfjährigen Jungen durch. Die Operation verlief erfolgreich. Vor Listers Entdeckungen betrug die Sterblichkeitsrate an Infektionskrankheiten nach der eigentlichen Operation noch 50 %, die Benutzung von Antisepsis und ordentlicher Hygiene senkte die Sterblichkeit auf 15 %.
Um 1867 versorgte Lister als erster Wunden mit in Phenol getränkten Verbänden (Listerscher Verband). Die Fachwelt informierte er in einer Artikelserie, die ab März 1867 in der Zeitschrift The Lancet publiziert wurde, über diese antiseptische Maßnahme. Auch führte er, eben von Glasgow nach London berufen, 1877 die erste Operation einer frischen Kniescheibenfraktur unter antiseptischen Bedingungen durch und begann damit die antiseptische Knochenchirurgie zusammen mit seinem früheren Glasgower Kollegen Sir Hector C. Cameron.
Durch das Phenol wurden die noch im Verband und auf Wundoberfläche vorhandenen Bakterien wirkungsvoll abgetötet, neue Keime kamen nicht mehr an die Wundoberfläche; die Wundheilung verlief daher komplikationslos und schnell. Lister entwickelte aus dem zunächst punktuellen Einsatz von Phenol die systematische Krankenhaushygiene. Häufiges Händewaschen der Ärzte und des Pflegepersonals mit Phenollösung und der Einsatz von Gummihandschuhen zeigten nachhaltige Wirkung. Mit der Einführung der Desinfektion von Instrumenten und Verbänden verloren unfallbedingte bzw. mit chirurgischen Eingriffen verbundene Krankenhausaufenthalte ihren Schrecken. Die Patientensterblichkeit sank rapide. Nach den Erkenntnissen von Ignaz Semmelweis führten die Listerschen Forschungsergebnisse zu den bahnbrechenden Grundsätzen von Asepsis und Antisepsis im Gesundheitswesen. Zudem entdeckte Lister die die Milchgerinnung bewirkenden Streptokokken. Nach mikroskopischen Studien erkannte er die Unzulänglichkeit von Seide und Faden als Nahtmaterial; er führte die chirurgische Verwendung von Catgutfaden ein.
Lister hatte 1871 begonnen mit Pilzen der Art Penicillium zu experimentieren. 1884 wandte er als erster Penicillin erfolgreich gegen den Abszess einer Krankenschwester an.
Allerdings veröffentlichte Lister seine Ergebnisse nicht und somit gilt heute Fleming als Entdecker des Penicillins, wofür er 1945 auch den Nobelpreis bekam.
Und jener Joseph Lister spielt in DER HORROR DER FRÜHEN MEDIZIN eine Rolle, die Hauptrolle sozusagen, auch wenn ich den Untertitel Joseph Listers Kampf gegen Kurpfuscher, Quacksalber und Knochenklempner etwas misslungen finde, da es eher um seinen Kampf gegen die Zustände in den Krankenhäusern geht.
Klappentext und den Buchtrailer findest du hier (ich habe keine Lust alles zweimal zu schreiben, auch wenn es copy&paste gibt).
Lindsey Fitzharris ist mit ihrem Buch eine spannende Reise in die medizinische Vergangenheit gelungen. Neben (teilweise sehr anschaulichen, ekligen) Fallbeispielen der damaligen Chirurgenarbeit bringt sie die Biografie von Joseph Lister näher, ohne zu langweilen. Fast glaubt man direkt dabei zu stehen wenn in Wunden gewühlt wird.
Wer sich für die Medizingeschichte des 19. Jahrhunderts interessiert, wird ein wahres Meisterwerk vorfinden. Kurzweilig und informativ, was will man mehr. Und das Cover passt perfekt zum Inhalt.
Und? Schon ins Badezimmer geschaut? Vielleicht befindet sich dort ja ein Fläschchen Listerine ...
(Rezensionsexemplar)
Übrigens: Wer des englischen mächtig ist, dürfte auch mit Lindsay Fitzharris Youtubechannel seine Freude haben.
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