Mittwoch, 17. Dezember 2025

A. Rae Dunlap: Wer die Toten stört (Rezension)

Schottland, 1828. Der naive, aber unbeirrbare James Willoughby gibt sein behütetes Leben in Oxford auf, um in Edinburgh Medizin zu studieren. Die Universität der Stadt bietet alles - außer der Möglichkeit, an einem menschlichen Leichnam zu arbeiten und somit chirurgisches Wissen zu erlangen. Nye MacKinnon, ein schneidiger junger Sezierer, verspricht James zu helfen. Doch Nye ist ein Grabräuber, ein Leichenfledderer. Und James ist unwissentlich sein Komplize geworden. Schon bald geraten die beiden zwei besonders zwielichtigen Grabräubern namens Burke und Hare in die Quere, deren Nachschubbedarf an Toten so hoch ist, dass sie dafür bereit sind, über Leichen zu gehen ...
WER DIE TOTEN STÖRT behandelt ein interessantes Thema, bzw. gleich mehrere. Zum einen ist es ein historischer Roman, der ein bisschen Krimi ist, aber viel mehr Abenteuer. Es geht um die Anfänge der Chirurgie, Grabräuberei und die West-Port-Morde. Das klingt nach Spannung pur ... aber die Erwartungen wurden schnell zerstört. Die ganze Geschichte ist nett und gibt ein gutes Bild der damaligen Zeit ab, als man Leichen noch rauben musste um Medizinstudenten ihr Handwerk beizubringen. Potential für Spannung wäre vorhanden gewesen, aber in dieser Hinsicht wurde es nicht genutzt. Fast wirkt der Roman wie ein Sachbuch, wenn es um die Beschaffung der Leichen geht. Zwischenmenschlich wird es interessant, als sich sehr subtil eine Liebesgeschichte zwischen den Protagonisten anbahnt. Da spürte man das Knistern, das leider ab der Hälfte des Romans auch wieder verschwunden ist, nachdem sich James und Nye ihre Liebe gestanden haben. Selbst James adelige Herkunft und der Wunsch seiner Familie (eine Frau) zu heiraten, schöpfen die Möglichkeiten nicht aus. Die West-Port-Morde, eine Serie an Morden die von William Burke und William Hare in den Jahren 1827 und 1828 in Edinburgh begangen wurden. Das Motiv der Täter war finanzieller Natur, die Leichen ihrer zu diesem Zweck getöteten Opfer verkauften sie als Anatomieleichen an Robert Knox vom Edinburgh Medical College. Dem Leser wird dies aber auch nur am Rande vermittelt, die insgesamt 16 Morde dienen der Hintergrundgeschichte, stehen aber nicht im Vordergrund. Dieser wird durch die Arbeit von James und Nye dargestellt, deren Arbeit als Grabräuber und ihre Beziehung zueinander. Was ist WER DIE TOTEN STÖRT? Man kann sich darauf einigen, dass es sich um einen historischen Roman handelt, der Fiction mit Tatsachen verbindet und interessante Themen behandelt. In der Umsetzung aber kann er nicht überzeugen. Es werden zahlreiche Konfliktsituationen geboten (die Liebe zwischen zwei Männern, der Konkurrenzkampf zwischen den einzelnen Grabräubergrupppierungen und der Universitäten ...), aber für spannende Momente wird nicht gesorgt. Immer wieder glaubt man, dass es spannend wird, aber dann verläuft es im Sande. Die Liebesgeschichte ist nicht omnipräsent, was ich sehr begrüße, aber sobald es zur Sache geht ... wird auch das uninteressant. Dabei hat die Autorin durchaus das Gespür dafür eine beginnende Liebe gut in Szene zu setzen.
Wer sich ein Bild von der damaligen Zeit machen möchte wird seinen Gefallen finden, und ja, in dieser Hinsicht bietet der Roman sehr viel. Nur ... als Spannungsroman lässt sich WER DIE TOTEN STÖRT nicht bezeichnen. Ein Abenteuerroman ohne Blut (obwohl manche Beschreibungen nichts für Zartbesaitete ist).

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