Dienstag, 5. November 2024

Agatha Christie: Miss Marple (Rezension)

Sie ist jedem ein Begriff: Miss Marple, die alte Dame aus St. Mary Mead, besitzt die geradezu unheimliche Fähigkeit, noch den verwickeltsten Fall in kürzester Zeit bei einer Tasse Tee zu lösen. Hier kehrt sie knapp fünfzig Jahre nach ihrem letzten Auftritt („Ruhe unsanft“) zurück auf die Bühne. Ob sie in den zwielichtigen Ecken des Broadway oder in einem besonders mysteriösen Todesfall in Hong Kong ermittelt: Die erfolgreichste und beliebteste weibliche Detektivfigur aller Zeiten ist, von zwölf internationalen Bestsellerautorinnen mit frischem Abenteuer- und Ermittlersinn ausgestattet, ganz die alte unbestechliche Spürnase. Ein kongeniales Buch, das eine einmalige Figur und ihre Autorin aufs Unterhaltsamste feiert.
12 Bestseller-Autorinnen haben es sich zur Aufgabe gemacht, Miss Marple zum Leben zu erwecken, obwohl .... so ganz abwesend ist die alte Dame ja nicht. Man muss nur das TV-Programm ansehen oder das Programm diverser Krimitheater. Miss Marple und ihre Schöpferin Agatha Christie sind unsterblich...
Aber leider kann die Autorin selbst nichts mehr zum Thema beisteuern (sie starb bereits 1976). Deswegen steht in diesem Buch zwar Agatha Christie als Autorin vorneweg, aber keine der Geschichten stammt von ihr: Lucy Foley, Ruth Ware, Val McDermid, Leigh Bardugo, Naomi Alderman, Karen M. McManus, Kate Mosse, Alyssa Cole, Elly Griffiths, Natalie Haynes, Jean Kwok, Dreda Say Mitchell. Das sind die Autorinnen, die es durchaus schaffen Miss Marple so zu schreiben, wie es auch die Queen of Crimes nicht besser hätte machen können. Sofern man sich an die Person der Miss Marple hält. Leider können die wenigsten Geschichten auch wirklich überzeugen, denn so vielschichtig sie auch sind, sie halten wenig von der "klassischen" Miss Marple und schicken sie aus unterschiedlichen Gründen durch die Weltgeschichte. Das hat Agatha Christie zwar hin und wieder auch getan, auch wenn Miss Marple nie so reisewütig war wie Hercule Poirot, aber die besten Geschichten stammen immer noch aus der ländlichen Umgebung von St. Mary Mead. Und das spielt eine eher untergeordnete Rolle.
Im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass diese Anthologie zu unterhalten weiß, auch wenn natürlich nicht alle Geschichten als gut zu betrachten sind, bzw. nicht jeden Geschmack treffen. Was man als Vor- als auch als Nachteil sehen kann.
Ich fand das Wiedersehen mit Miss Marple ein interessantes Experiment, das auf unterschiedliche Weise umgesetzt wurde. Es wird gemordet, es wird ein Mord verhindert. Nicht immer mag Miss Marple als Hauptrolle in Erscheinung treten, aber immer ist sie so wie man sie kennt: Eine alte Dame mit vielen Erinnerungen und einer erstaunlichen Bobachtungsgabe.
Meine Lieblingsgeschichten waren "Mord in der Villa Rosa" und "Das Verschwinden". Unterhaltsam, wenn auch etwas befremdlich war "Diese Sorte Mensch", bei der eine etwas jüngere Verwandte von Miss Marple erscheint oder "Eine tödliche Hochzeit", bei der zwei alte Damen ermitteln... und leider sind sich diese dann doch zu ähnlich.
Wenig gelungen fand ich die Geschichten in HongKong oder den USA, das war für meinen (konservativen?) Geschmack etwas zu exotisch und der Tiefpunkt war wohl die vorhersehbare Geschichte "Der zweite Mord im Pfarrhaus". Sagt der Titel nicht schon alles?
Nun, es scheint für jeden Geschmack etwas dabei zu sein und zeigt, wie zeitlos die Geschichten von Agatha Christie sein können, selbst wenn sie nicht von ihr selbst geschrieben wurden. Von daher: Hut ab vor den Autorinnen, die sich an diese Aufgabe gewagt haben. Und Schande über die, welche dabei versagt haben (wobei der Leser selbst entscheiden muss, was ihm gefällt und was nicht ... aber wer Anthologien liest, weiß was er zu erwarten hat)

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