Sonntag, 28. Mai 2023

Gilbert Keith Chesterton: Das Geheimnis des Pater Brown (Rezension)

Pater Brown ist ein englischer katholischer Pfarrer, dessen Hobby es ist, Kriminalfälle zu lösen. Dies gelingt ihm, indem er sich in die Psyche der Täter hineinversetzt, dabei in seiner Vorstellung das Verbrechen selbst begeht, wie er sagt. Dabei ist er aber weniger daran interessiert, Verbrecher der irdischen Gerechtigkeit auszuliefern, sondern er will sie zu Gott führen; eine freiwillige Beichte des Täters genügt ihm. Dabei spielt es für ihn keine Rolle, welches Amt diese Person bekleidet.
Pater Brown (im englischen Original Father Brown) ist eine literarische Figur, die von Gilbert Keith Chesterton erfunden wurde. Die im deutschen Sprachraum übliche, besonders durch die Verfilmungen mit Heinz Rühmann bekannte Verwendung der Anrede „Pater“ ist eine eigentlich sprachlich falsche Übertragung, da im Deutschen nur Ordenspriester so angesprochen werden. Brown ist ein Weltpriester, der Pfarrer einer Gemeinde ist. Im englischsprachigen Raum werden hingegen auch die Weltpriester mit „Father“ angeredet.
Zwischen 1910 und 1935 erschienen neunundvierzig Erzählungen von Chesterton über Father Brown, zunächst in Zeitschriften und anschließend in mehreren Bänden zusammengefasst
DAS GEHEIMNIS DES PATER BROWN enthält folgende Erzählungen:
1. Father Browns Geheimnis (The Secret of Father Brown)
2. Der Spiegel des Richters (The Mirror of the Magistrate)
3. Der Mann mit zwei Bärten (The Man With Two Beards)
4. Das Lied vom Fliegenden Fisch (The Song of the Flying Fish)
5. Die Schauspielerin und das Alibi (The Actor and the Alibi)
6. Das Verschwinden von Vaudrey (The Vanishing of Vaudrey)
7. Das schlimmste Verbrechen der Welt (The Worst Crime in the World)
8. Der Rote Mond von Meru (The Red Moon of Meru)
9. Die Klage des Marquis von Marne (The Chief Mourner of Marne)
10. Flambeaus Geheimnis (The Secret of Flambeau)
Sowohl in seiner Weltanschauung als auch in seinem äußeren Erscheinungsbild stellt Pater Brown eine Kontrastfigur zu Arthur Conan Doyles Detektivfigur des Sherlock Holmes dar. Im Gegensatz zu Holmes löst Pater Brown seine Fälle nicht als genialer Denker und Methodiker, sondern als Priester, der im Auftrag Gottes handelt. Daher sieht er in dem Verbrecher in erster Linie einen sündigen Menschen, in den er sich einfühlen kann und für den er Verständnis aufbringt. Als Beichtvater und Seelsorger in verarmten Gemeinden kennt er die Verstrickungen der Menschen und nutzt dieses Wissen verbunden mit seiner ausgeprägten Intuition für die Aufklärung der Kriminalfälle. Anders als die Holmes-Geschichten, die zumeist von Dr. Watson, dem Freund und Adlatus von Holmes, als Ich-Erzählung dargeboten werden, werden die Pater-Brown-Geschichten von einem auktorialen Erzähler geschildert.
Bereits als Jugendlicher bin ich öfter über die Pater Brown Krimis gestoßen, aber damals war mein Interesse eher Abenteuerliteratur- und Fantasylastig. Um Krimis habe ich einen Bogen gemacht, auch wenn ich den einen oder anderen im TV gesehen habe. Die Pater Brown Filme mit Heinz Rühmann jedoch nie. Erst durch die BBC-Serie wurde mein Interesse an Pater Brown geweckt und dank eines Bücherschranks gelangte ich auch in den Besitz von DAS GEHEIMNIS VON PATER BROWN. Und bereits der erste Satz übte eine gewisse Faszination aus: "Flambeau, einst der berüchtigtste Verbrecher Frankreichs, später Privatdetektiv in England, hatte beide Beschäftigungen schon seit langem aufgegeben und sich zur Ruhe gesetzt."
Und in diesem Tonfall geht es weiter. Die Geschichten sind unterhaltsam, amüsant und sehr kurzweilig. Und natürlich anders als die Verfilmungen. Und auch zeitlos, wie Agatha Christie oder Arthur Conan Doyle. Leichte Lektüre für zwischendurch, die auch heute noch gelesen werden kann.
Nutzte Chesterton seine Pater-Brown-Geschichten anfangs, um seine Weltanschauung in eingebetteter Form zu propagieren, so wurde diese später zum Selbstzweck. Die zuerst scharfsinnige und witzige Form der Erzählung weicht mit der Zeit einer massiven religiösen Propaganda. Werden am Anfang der späteren Geschichten Katholiken verdächtigt, stellen sich am Ende Puritaner oder Atheisten als die wahren Übeltäter oder Bösewichter heraus. Ihre Motive lassen zudem häufig die Todsünden der katholischen Kirche erkennen. Dementsprechend löst Pater Brown nicht in erster Linie Verbrechen, sondern entlarvt den sündigen Menschen. Konsequenterweise überstellt er deshalb den Verbrecher selten der irdischen Gerichtsbarkeit, sondern überlässt diesen der Bestrafung Gottes, der für ihn jedoch kein puritanischer Rachegott, sondern eher ein Gott der Gnade und Barmherzigkeit ist.
Tatsächlich fand ich es etwas schade, dass Flambeau in DAS GEHEIMNIS DES PATER BROWN nur eine geringe Rolle spielt, aber natürlich lehnt sich die Serie mit Mark Williams nur an die Geschichten an und stellt keine direkte Adaption dar. Aber ... ich freue mich darauf weitere Teile der Serie zu sehen und hoffe, auch die restlichen Pater Brown-Geschichten lesen zu können.

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