Samstag, 28. August 2021

H. G. Wells: Die Zeitmaschine (Hörbuch)(Rezension)

H. G. Wells‘ Roman Die Zeitmaschine gilt als Pionierwerk der Science Fiction und ist gleichzeitig eine der ersten literarischen Dystopien. Die fesselnde Geschichte eines unverstandenen Wissenschaftlers führt ins ferne Jahr 802.701. Gesellschaftliche Nöte und Konflikte scheinen dort überwunden zu sein. Doch ist die neue Welt wirklich so paradiesisch, wie sie auf den ersten Blick anmutet? Dominic Raacke leiht dem Zeitreisende seine Stimme, während Stefan Weinzierl den passgenauen Soundtrack liefert.
Die Zeitmaschine ist wirklich ein Klassiker und vermutlich hat jeder die eine oder andere Verfilmung davon gesehen. Gelesen haben aber wohl die wenigsten das Buch und leider habe ich den Eindruck, dass zahlreiche Autoren der klassischen PHANTASTIK oder des Abenteuerromans in letzte Zeit sehr in Vergessenheit geraten, wenn es nicht eine neue Verfilmung des Stoffs gibt.
Deswegen freue ich mich immer wenn es eine Neuauflage der Klassiker gibt, selbst wenn es "nur" ein Hörbuch ist. Aber Dominic Raake scheint der perfekte Erzähler der Geschichte zu sein. Glaubhaft schildert er seine Erlebnisse wenn er in die Zukunft reist (damals reiste man lieber in die Zukunft, während man heutzutage in Romanen lieber in die Vergangenheit reist).
Die Handlung: Der Zeitreisende, der im Roman nicht mit Namen genannt wird, hat sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine Maschine gebaut, mit deren Hilfe er sich in der vierten Dimension, der Zeit, bewegen kann. Er erklärt einem Kreis von skeptischen Freunden das Prinzip dieses Geräts sehr anschaulich und auch für den heutigen Leser durchaus nachvollziehbar: Die Zeitmaschine kann sich durch die Zeit vorwärts und rückwärts bewegen wie jemand sich durch den Raum bewegt. Die Zeit wird als eine vierte Raumdimension beschrieben.
Bei seiner ersten Reise in die Zukunft erreicht er das Jahr 802.701. Dort findet er die Welt zweier gegensätzlicher Arten von Lebewesen menschlicher Abstammung bewohnt, die sich im Verlauf von Jahrtausenden aus den beiden extremen Gesellschaftsklassen des viktorianischen Englands zu zwei Menschenrassen weiterentwickelt haben: den oberirdisch lebenden Eloi und den unterirdisch lebenden Morlocks.
Die kindlichen Eloi leben scheinbar sorgenfrei und glücklich, aber völlig unreflektiert und verweichlicht in einer paradiesischen Umgebung, sehen ähnlich aus wie heutige Menschen und scheinen alle relativ jung zu sein. Es ist dem Zeitreisenden anfangs unverständlich, wer sie ernährt und kleidet, da sie offensichtlich nie zu arbeiten brauchen. Andererseits scheint eine namenlose Furcht vor der Dunkelheit, besonders den mondlosen Nächten, ihrer Idylle entgegenzustehen.
Die Morlocks, nach Empfinden des Zeitreisenden hässliche, affenartige, lichtscheue Wesen, hausen in unterirdischen Höhlen. Bei seinen Nachforschungen stellt er fest, dass sie dort riesige Maschinen betreiben und auf diese Weise das Leben der oberirdischen Eloi ermöglichen und erhalten. Anfangs scheint es ihm, als seien die Morlocks die Sklaven der Eloi, so wie in der Vergangenheit die Arbeiterklasse ausgebeutet wurde, um den Wohlstand der oberen Klassen zu sichern. Allmählich aber erkennt er, dass sich das Verhältnis inzwischen umgekehrt hat: Die Morlocks halten sich die Eloi wie Bauern das Vieh, sie sorgen für ihr leibliches Wohl, weil die Menschenfresser sie als Nahrung brauchen. In den dunklen Nächten holen sie sich oben ihre Mahlzeiten.
Vom Jahr 802.701 aus reist der Zeitreisende noch viel weiter in die Zukunft. 30 Millionen Jahre in der Zukunft erblickt er im ewigen Zwielicht der stillstehenden Erde vor einem riesigen roten Feuerball, der einstmals die Sonne war, krabbenartige sowie, tausende Jahre später, ballförmige, hüpfende Lebewesen und erkennt, dass die Menschheit mittlerweile ausgestorben ist.
Nach seiner Rückkehr in die Gegenwart glauben seine Freunde ihm die Geschichte nicht, und er beschließt, ein weiteres Mal in die Zukunft zu reisen, diesmal besser ausgerüstet, u. a. mit einer Kamera, um seine Entdeckungen zu dokumentieren. Von dieser Reise kehrt er nicht mehr zurück.

Ich bin ein Freund der alten Klassiker und ich habe die Zeitmaschine auch gerne gelesen. Deswegen fällt mir eine Beurteilung des Hörbuchs auch schwer. Denn: Auf der einen Seite muss ich (wieder) sagen, dass Dominic Raake die Idealbesetzung des Zeitreisenden ist und auch der Soundtrack von Stephan Weinzierl mit dem Sprecher gut harmoniert. 
Freundlicherweise wurde mir das Hörbuch von netgalley zu Rezensionszwecken zur Verfügung gestellt. 
Ich kann also nicht beurteilen ob es ein Fehler des Netgalley-Downloads war oder es sich um ein allgemeines Problem handelt.
Chronologisch stimmen die Tracks nicht überein. Die Geschichte beginnt irgendwo in der Mitte und springt fröhlich hin und her als ob der Zeitsprung nicht richtig funktioniert hätte oder man ein Album shufflet. Allerdings machen die Kapitelnamen durchaus den Eindruck, dass sie chronologisch sind. Nur der Inhalt der Kapitel ist es nicht.
Auch ist es schade, dass das Hörbuch etwas kurz ist. Es fällt zwar nicht auf, dass die Handlung gekürzt wurde (wenn man die Kapitel in die richtige Reihenfolge gebracht hat, was mühsam ist und ohne Kenntnis des Buchs eher unmöglich), aber die Musik, so passend sie auch scheint, nimmt viel Platz ein. Auf den einen oder anderen Solopart hätte man gut verzichten können und dafür der eigentlichen Erzählung mehr Platz geben können. 

Es hätte ein perfektes Hörbuch sein können und wie gesagt ... ich weiß nicht, ob die Rezensionsexemplare etwas "verkorkst" sind oder ob das grundsätzlich so ist. 

Update: 30.08.21
Inzwischen darf ich meine Rezension verändern und ihr auch ein positiveres Bild abgeben. Der Verlag war so freundlich mir eine "korrigierte" Fassung des Hörbuchs zukommen zu lassen. Tatsächlich sind, bzw. waren die Rezensionsexemplare fehlerhaft,
Deswegen kann ich mir die Behauptung erlauben, dass es wirklich ein fast perfektes Hörbuch ist, nur eben etwas kurz. 
Mir fehlten auch ein paar Informationen, die das Hörbuch in einem anderen Rahmen erscheinen ließen. 
Das Hörbuch ist die Aufnahme einer Live-Performance, die neben Sprache und Musik auch noch eine Videoinstallation enthält. Auf der Bühne wirkt diese Hörbuchfassung vermutlich anders, aber das kann ich nicht beurteilen. 
Andererseits ... ich habe schon stärker verstümmelte Bücher gehört, bei der Zeitmaschine habe ich nicht den Eindruck, dass wichtige Details vergessen wurden. 
Meine Rezension zur Zeitmaschine gibt es auf verschiedenen Portalen in veränderter Form, ich habe nur hier das Original gelassen. 

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