Leo hat einen schönen neuen Namen: Jennifer. Woher sie ihren echten Namen kennt, weiß Jennifer selbst nicht. Aber sie ist sehr froh, eines Tages endlich mit ihm aufgewacht zu sein. Wie mit etwas, mit dem man besser atmen kann.
Nur die Erwachsenen kapieren es erst mal nicht. Die glauben tatsächlich immer noch, sie sollte weiterhin Leo sein, ein Bub. Ganz und gar nicht, finden der dicke Gabriel, Anne und Stella, weltbeste Freundinnen und treue Begleiterinnen beim Schuleschwänzen, Kleiderprobieren und Sichselbstfinden.
Achtung: Diese Geschichte spielt in Wien.
So beginnt ein herrlicher Spaß, der nicht nur für Kinder geeignet ist und auf unterhaltsame Weise ein sehr sensibles Thema anspricht. Verena Noll haucht der Geschichte sehr viel Leben und Wiener Schmäh ein und auch wenn einige Worte dem deutschen Zuhörer nicht unbedingt bekannt sind so vesteht man den Zusammenhang.
Die innere Zerrissenheit Leos/Jennifers wird gut dargestellt durch die wechselnden Pronomen, mal ist die Rede von ihm, dann wieder von ihr und zu Beginn scheint es sich bei Leo und Jennifer auch um zwei unterschiedliche Personen zu handeln, bis Leo irgendwann in den Hintergrund gerät.
Auf einfache Weise wird auf die Geschlechterrollen und Transgender eingegangen. Kindgerecht, einfach und sehr witzig. Es ist eine unterhaltsame Geschichte, kein Sachbuch und sollte auch von Eltern gehört werden, die der Meinung sind, ein Problemkind zu haben, dass sich in einer Phase befindet, die vergehen wird.
Leicht und locker wird Leos/Jennifers Geschichte erzählt, von der Akzeptanz der Freunde und der Verwirrtheit der Familie. Lässt man den wichtigen Teil der Identitätsfindung beiseite bleibt immer noch eine spannende Geschichte kleiner Kinder, die durchaus auch Blödsinn im Kopf haben.
Und ja, ein bisschen gewalttätig ist es auch und vielleicht nicht ganz so politisch korrekt wie man es erwarten würde. Aber das macht auch den Reiz aus. Es wirkt authentisch und ich habe mich in Jennifer und ihre Freunde sofort verliebt.
Und in die einfühlsame Darbietung von Verena Noll auch. Das Buch scheint noch mit Illustrationen und Erklärungenpunkten können und ist meiner Meinung nach zu Recht mit dem Österreichischer Kinder- und Jugendbuchpreis 2021 ausgezeichnet worden.
Ein bisschen habe ich mich auch an DER KLEINE NICK erinnert gefühlt.
Dieses Buch ist doch der Brüller und dabei so wertvoll. Ich kann mich Ihrer Rezension nur anschließen! Ich finde es auch sehr interessant, dass die Autorin dem Zeitgeist widersteht und mit echter Sprache und Moral-Realität an die Sache geht. Korrekt tun kann bald einmal jemand, aber was steckt dahinter?? So, wie es in dem Buch heißt "Auf die Seele kommt es an!", sollte man auch die Auseinandersetzung mit menschlichen Themen sehen - was drin steckt zählt. Ich darf ein unbekannteres Buch der Autorin namens "In den Wald" empfehlen, das ich als eine wunderschöne Geschichte empfinde. Brisante Themen treten im Vergleich in den Hintergrund, dafür hat es eine Wiener Poesie, die mich sehr bewegt hat und ist ebenso herrlich unkonventionell. Besonders mühelos und nebenher gelingt es dieser Autorin geschlechterübergreifend zu erzählen, wofür sich manch andere einflussgebende Personen verenken und aufgesetzt wirken.
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