Dienstag, 9. September 2025

Natasha Pulley: Das Lied des Dionysos (Rezension)

Der junge Krieger Phaidros rettet in Theben ein ausgesetztes Baby, von dem eine ganz eigenartige Faszination ausgeht, vor dem sicheren Tod und bringt es zum Tempel der Artemis, in dem verwaiste Kinder aufgezogen werden. Wer kann schon ahnen, dass mit dem kleinen Jungen unvergleichliches Unheil über ganz Theben, ja über der ganzen Welt aufzieht.
Was hat es mit dem Findlingskind auf sich? Ist es ein Bastard oder vielleicht gar von Zeus gezeugt? Jahre später, Troja ist gefallen und die Soldaten um Phaidros rüsten die Schiffe zur Heimfahrt. Da begegnen sie auf einer Insel einem seltsam schönen Jüngling und nehmen ihn gefangen. Ihm droht nun das Los als, Sklave verkauft zu werden, – was für ein Frevel! Das Kentern des Schiffs ist erst der Beginn einer verheerenden Rache, des gedemütigten Dionysos. Über Theben breitet sich eine nie dagewesene Dürre aus. Aber noch schlimmer: Eine seltsame Macht ergreift Gemüt und Verstand der Menschen, der Wahnsinn geht um. Und doch hängt das Herz von Phaidros an dem Gott, der ihm in vielerlei Gestalt begegnet. Natasha Pulley erzählt so spannend und lebendig von der Antike, als wäre es es gestern gewesen.

Nathasa Pulley hat einen besonderen Stil, der vielleicht gewöhnungsbedürftig ist, aber wenn man sich darauf einlässt begeistern kann (auch wenn ich nicht von allen Büchern überzeugt bin ... die meisten lohnen sich). Fantasy, die auf den ersten Blick banal erscheint, so wie man sie oft zu lesen bekommt und wenn man mit den Werken der Autorin nicht vertraut ist, könnte man eine Adaption griechischer Mythen erwarten... aber weil es Natasha Pulley ist werden die Mythen erst durch den Fleischwolf gedreht und dann in die Form gepresst, die ihr passt. Keine neue Erfindung des Rads, aber Fantasy/Griechische Mythologie die anders ist. Pulley erzählt leise, aber eindringlich, aber es gibt keine epischen Schlachten, obwohl die Protagonisten Krieger sind, keine strahlende Heldengestalten, obwohl man das von der griechischen Mythologie erwartet, eher ein langsam wachsender Sog, der den Leser tief in eine mythische Geschichte, der anderen Art. Und trotz ihrer ruhigen Art, bleibt die Geschichte spannend und lässt den Leser nicht mehr los. Die Atmosphäre ist düster und faszinierend. Dionysos erscheint hier nicht als fröhlicher Weingott, sondern als unberechenbare, verstörende Macht, die sich durch die Erzählung zieht und sowohl den Protagonisten als auch den Leser in den Wahnsinn zieht. Fast glaubt man es mit einer lovecraftschen Geschichte zu tun zu bekommen, aber Pulley kreiert ihr eigenes Werk, das nicht weniger verstörend wie Lovecraft ist und so anders als man die griechische Sagenwelt in der Schule serviert bekommt. Poetisch und atmosphärisch dicht ist die Erzählweise, entschleunigt, aber nie langatmig. Es sind die Bilder, welche im Kopf des Leser entstehen, die Spannung erzeugen. Pulley leitet nur an. Ein gewöhnungsbedürftiger Stil, aber durchaus eine lohnenswerte Lektüre. Wer denkt dass die griechische Sagenwelt ausgelutscht ist (vor allem in Zeiten von Neuinterpretationen diverser Sagengestalten oder Percy Jackson und Co...), hier wird man eines Besseren belehrt.
Für Freunde griechischer Mythen und sanften Fantasygeschichten (die zum Nachdenken anregen).

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