Donnerstag, 4. Januar 2024

Agatha Christie: Und dann gab's keines mehr (Rezension)

Zehn Männer und Frauen aus ganz unterschiedlichen Kreisen bekommen eine Einladung, die sie auf eine abgeschiedene Insel vor der Küste Devons lockt. Der Gastgeber, ein gewisser U. N. Owen, bleibt unsichtbar. Erst als die Gesellschaft beim Dinner zusammensitzt, ertönt seine Stimme aus einem alten Grammophon und verheißt Unheil. Ein Gast nach dem anderen kommt zu Tode, während die Verbleibenden verzweifelt versuchen, den Mörder zu enttarnen ... 
Der meistverkaufte Kriminalroman aller Zeiten - erstmals in zeitgemäßer Neuübersetzung von Eva Bonné.
Agatha Christie kann man immer lesen und diesen mehrfach verfilmten Krimi sollte man kennen, auch wenn er ohne Miss Marple oder Hercule Poirot auskommt. Aber das zeigt auch, wie vielseitig die Queen of Crime war. Zehn Personen auf beschränktem Raum und nach und nach verschwindet jemand ... das mag heutzutage nicht neu sein, aber dass dieser Roman schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel hat, merkt man ihm nicht an.
Wobei ich sagen muss, dass man vielleicht nach dem Epilog nicht weiterlesen sollte ... denn bis dahin ist das Buch spannend und wendungsreich, eine Aufklärung der Verbrechen sucht man vergeblich. Und vielleicht wäre es gut gewesen keine Lösung anzubieten, aber das macht Agatha Christie und leider ist das dann die Schwäche des Buchs, denn die unvorhersehbare Auflösung wird auf wenigen Seiten präsentiert und wirkt etwas konstruiert. Also... wer das Buch noch nicht kennt: Einfach vorher aufhören zu lesen.
Abgesehen davon bietet die Autorin amüsanten Krimigenuss in dem es nur vor Leichen wimmelt.
Wodurch besticht nun aber die zeitgemäße Neuübersetzung? Es sind ein paar Erklärungen nötig, die es leider im Buch nicht gibt, die ich aber für wichtig erachtet hätte. Irgendwie ist es so als würde man Rassismus totschweigen.
Und dann gabs keines mehr ist der 26. Kriminalroman von Agatha Christie. Er erschien in Buchform zuerst in Großbritannien 1939 unter dem Titel Ten Little Niggers und zwei Monate später in den USA And Then There Were None. Heute wird in allen englischen Ausgaben der Titel And Then There Were None verwendet. Die deutsche Erstausgabe erschien unter dem Titel ZEHN KLEINE NEGERLEIN, aber alle anderen Ausgaben orientierten sich an den amerikanischen Ausgaben und wählten den Titel Und dann gab's keines mehr.
Zehn kleine Negerlein ist ein Zählreims, der in zahlreichen Varianten in der Regel zehn Strophen enthält, in denen jeweils eine Person stirbt oder verschwindet (eindeutig die Vorlage für den Christie-Roman, fast könnte man sagen, dass Christie den Reim einfach in Romanform gebracht hat). Da der Begriff „Neger“ heute als abwertend und diskriminierend bewertet wird, gilt das Lied als beleidigende und rassistische Karikatur. Ich kenne den Reim aus meiner Kindheit, bin mir aber nicht mehr so sicher, ob er heute noch allgegenwärtig ist (aus offensichtlichen Gründen) Es basiert auf dem US-amerikanischen Lied Ten Little Injuns aus dem Jahr 1868. Geschichtlich stand am Anfang die Liedform, gefolgt von Kinderbüchern und später von abgeleiteten Liedern. Den Text des Zählreims gibt es in zahlreichen Versionen, die nicht immer von „Negerlein“ handeln.
Der Übersetzung von Sabine Deitmer wird vorangestellt, dass man sowohl die ZEHN KLEINEN NEGERLEIN beibehält, ebenso wie die (angeblich) existierende Nigger Island. In der zeitgemäßen Übersetzung wird aus Nigger Island nun Soldier Island und aus den Negerlein werden Kriegerlein. Funktioniert an sich ganz gut (sterben können alle), aber ich hätte mir doch einen Hinweis im Buch gewünscht.

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