Das Schauspiel sagenumwobener Piraten, ihrer Königreiche, Gräueltaten und anarchistischen Utopien erregte im 18. Jahrhundert in der ganzen Welt Aufsehen. Gerüchte verbreiteten sich wie ein Lauffeuer, schockierten und inspirierten die europäischen Eliten. Piraten und Freibeuter schufen die wirklich revolutionären Ideen für eine offene Weltgemeinschaft. Dieses utopische Potential elektrisierte David Graeber und lässt seine intellektuellen Funken auf seine Leser überspringen.
David Graeber, der bedeutendste Anthropologe unserer Zeit, wagt eine provokative These: Der Westen belügt sich und die Welt über seine Geschichte, seinen Eurozentrismus, seinen Rassismus und seine kapitalistische Ideologie. Wechseln wir die Perspektive, wird Geschichte mit einem Schlag wieder lebendig, denn hier geht es um Menschen, um ihre Freiheit und ihren riskanten Alltag. Mit David Graeber tauchen wir ein in die ›andere‹, anarchistische Geschichte von Magie, Lügen, Seeschlachten, Sklavenaufstände, Menschenjagden, Königreichen, Spionen und Juwelendieben. Die Welt der Abenteuer verbindet sich mit historischen Fakten und literarischer Phantasie. Am Rand der Welt – in Madagaskar, in der Karibik oder im Orient – spüren wir dem Ursprung von Freiheit, Anarchie und Demokratie nach, die nicht im Westen entdeckt, sondern von ihm gekapert wurden. Mitreißend erzählt David Graeber diese Gegengeschichte und entdeckt souverän »nie begangene Wege« für unsere aus den Fugen geratene Welt.
Wieder was gelernt ... Ich wusste nicht, dass es auf Madagaskar Piraten gab und dass diese maßgeblich an der Geschichte der Insel beteiligt waren, auch was die Mythen- und Legendenbildung anbelangt. Piraten - Auf der Suche nach der wahren Freiheit hat mich eines Besseren belehrt. Und bot eine kleine Überraschung, da sich das Buch hauptsächlich mit den madegassischen Piraten auseinandersetzt und sich eher auf ihren Einfluss beschränkt. Der Originaltitel des absolut lesenswerten Buchs gibt da mehr Auskunft: Pirate Enlightenment, or the Real Libertalia, auch wenn ich mit Libertalia nichts anfangen könnte (es aber nicht unbedingt mit Freiheit zu übersetzen ist).
David Graebers Buch, welches posthum erschien, nachdem der Autor bereits 2020 verstarb, beschreibt das Piratendasein fernab der Karibik und den Vorstellungen, welche der Leser haben mag. Von daher brachte zumindest mir das Buch einige Neuigkeiten, da ich mit Madagaskar in dieser Hinsicht nicht sehr vertraut bin (meine Kenntnisse befinden sich auf anderen Gebieten). Und so muss man sich von den Darstellungen bekannter Piratenbilder verabschieden und den Piraten Madagaskars und deren Schaffen, anders sehen.
Im zweiten Band seiner General History of the Pyrates erzählt Charles Johnson 1728 die Geschichte eines gewissen Kapitäns Misson und seiner Freunde. Johnsons Erzählung zufolge hatten sie auf Madagaskar eine utopische Republik errichtet, die den Namen Libertalia trug und auf den Idealen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit gründen sollte. Nicht unbedingt das Bild, das man von Piraten hat. Aber hat es Libertalia wirklich gegeben? Dieser Frage geht David Graeber nach, und schafft mit diesem kleinen Buch, das aus einem Essay hervorgegangen ist, ein interessantes, informatives und dabei leicht verständliches Werk über die etwas andere Seite der Piraten, das sehr lebendig daherkommt und alles andere als theoretische Gedankenspiele zu bieten hat.
Ich habe mehr erfahren als ich gedacht hätte, sowohl über Madagaskar als auch die Piraten.
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